Im Jahr 2050 (das ist in 34 Jahren) wird es in den Weltmeeren mehr Plastik als Fische geben, davor warnte das World Economic Forum vor knapp 2 Wochen.
- Im Moment landen jedes Jahr 8 Millionen Tonnen Plastik im Meer – das entspricht einem Müllwagen voller Plastikmüll pro Minute.
- Die Benutzung von Plastiktüten hat sich in den letzten 50 Jahren verzehnfacht.
- Etwa 100.000 Meerestiere sterben jedes Jahr durch Plastik
- 1/3 aller Plastikverpackungen wird nicht recycled.
- 40% allen Plastiks endet auf Mülldeponien.
- Nur 5% des Plastiks wird erfolgreich recycled.
- Die Plastikproduktion wird bis 2050 auf 1,1 Millarden Tonnen steigen.
2011 stolperte ich im Sunset Magazine über eine Französin namens Bea Johnson, die mit ihrem Mann und 2 Söhnen im kalifornischen Mill Valley wohnt.
Während die Familie zuerst das schöne Keeping up with the Joneses-Spiel mitmacht – also in einem großen Haus lebt, teure Autos fährt und ebenso teuren Hobbies nachgeht um nur ja nicht hinter den Nachbarn (den Joneses) nachzuhängen – beschreibt Bea in diesem Artikel erst ihren Sinnes- und dann den gemeinsamen Lebenswandel.
Die Johnsons entscheiden sich also, nicht länger Joneses sein zu wollen, sondern sie stellen ihr Leben um auf Zero Waste (= Kein Müll). Heute produziert die Familie ein Weckglas mit ca. 1 Liter Fassungsvermögen.
Bea selbst sagt, dass ihr Leben und das ihrer Familie sich zum besseren gewandt hat. Sie alle fühlen sich glücklicher und führen ein bedeutungsvolleres Leben, das auf Erfahrungen und nicht auf der Anhäufung von Zeug basiert.
Die beiden Fragen, die ich mir nach der Lektüre dieses Artikels stellte, waren:
- Ist der Zero Waste Lebensstil auch in Deutschland möglich?
- Wie viel Zeit kostet es, mein Leben auf Zero Waste umzustellen und das auch beizubehalten?
2013 dann veröffentlichte Bea ihr Buch Zero Waste Home, das bisher noch nicht auf Deutsch erschienen ist, aber noch in diesem Jahr für den deutschen Markt übersetzt werden soll. Dieses Buch öffnete mir in vielerlei Hinsicht die Augen und deshalb stelle ich es Dir heute ein wenig näher vor und versuche, die beiden Fragen, die ich hatte, für Dich zu beantworten.
Fakten:
Titel: Zero Waste Home: The Ultimate Guide to Simplifying Your Life by Reducing Your Waste
Auf Deutsch: Glücklich leben ohne Müll
Autorin: Bea Johnson
Website: Zero Waste Home
Seiten: 306
Preis: 10,52€ (für die Kindle Ausgabe)/ 9,99€ (für das Taschenbuch)/ 19,90€ (deutsche Ausgabe)
Inhalt
Bea geht nach den 5 Rs vor: Refuse, Reduce, Reuse, Recycle und Rot. Und zwar genau in der Reihenfolge. Im Deutschen kommt leider kein schönes 5R-System heraus, sondern ARWRK. Klingt nicht so schön, macht aber genau das gleiche:
- Ablehnen
- Reduzieren
- Wiederverwenden
- Recyclen
- Kompostieren
Zu Beginn des Buches stellt sie genau diese 5 Prinzipien vor und welche Vorteile der Zero Waste Lebensstil für uns hat.
In den folgenden Kapiteln teilt sie die besten erprobten Tipps für folgende Bereiche:
- Küche und Lebensmitteleinkäufe {mit genauem Organisationssystem}
- Badezimmer, Hygieneartikel und Wellness {mit Rezepten für Zero Waste Zahnpasta, Eyeliner, Lidschatten + Nähanleitung für Monatsbinden}
- Schlafzimmer und Kleiderschrank {einen Blick in Beas Kleiderschrank kannst Du hier werfen}
- Haushalt und Instandhaltung {Mit Tipps und Tricks für Zero Waste Putzen}
- Arbeitsplatz und Werbesendungen {Mein Lieblingskapitel}
- Kinder und Schule
- Feiertage und Geschenke
- Unterwegs
Den Abschluss des Buches bilden zwei Kapitel über die Zukunft des Zero Waste Lebensstils und wie Du Dich engagieren und diesen Lebensstil auch für Dich verwirklichen kannst.
Mein Fazit
Pro: Es klingt vielleicht kitschig, aber Bea Johnson hat in vielen Bereichen mein Leben verändert. Es sind kleine Dinge, die sich in meinen Alltag einschleichen, wie:
- Meine Glasflasche von Soulbottles {ich weiß, ich erzähl immer wieder von ihr, aber sie ist einfach so toll! Meine ehemalige Soulbottle, eine Sonderedition der Münchner Stadtwerke, habe ich inzwischen auf eine 1-Liter-Soulbottle upgegraded, weitere Motive findest Du hier & hier} – ich habe die Flasche vor Weihnachten gekauft und seither jeden Tag dabei gehabt, egal ob in der Arbeit oder auf Kurztrips zu meiner Familie.
- Lunchpakete in Gläsern {ich liebe die 0,5l IKEA Korken Gläser – da passt die perfekte Portion Suppe oder Grünzeug oder Haferbrei rein} – als nächstes möchte ich mir einen Wachstuchbeutel für die Tasche nähen, falls doch mal was ausläuft.
- Zu den letzten Feiertagen habe ich selbstgemachte Geschenke in Weckgläsern verschenkt
- Ich nutze seit einiger Zeit zum Zähne putzen fast ausschließlich Kokosöl
- Ich habe meine Garderobe sehr stark reduziert und den Rest gespendet (Reduce -> Reuse)
- Wann möglich kaufe ich Obst und Gemüse unverpackt oder in meinen tollen Einkaufsnetzen von take5nets – hier siegt aber oft noch die Faulheit
- Als nächstes steht die Abkehr von Shampoo in Plastikverpackungen auf dem Plan
Contra: Einige der Tipps sind hier in Deutschland nicht oder nicht sehr gut durchführbar.
So gibt es in den USA viele Supermärkte, die ganze Bereiche haben, in denen Lebensmittel und sonstiges (also Flüssigseife z.B.) lose verkauft und in eigene Behältnisse abgefüllt werden. So lässt Bea beispielsweise ihren Fisch oder Käse direkt in große Gläser (ähnlich dem Ikea-Glas von oben, nur in hoch) einfüllen. Das wäre hier in Deutschland undenkbar, da aus hygienischen Vorschriften keine eigenen Behälter angenommen werden dürfen.
Außerdem gibt es einige Dinge einfach nicht in Pfand-Glasbehältern – meine geliebte Schoko-Kokosmilch etwa.
Allerdings hat München inzwischen seinen ersten verpackungsfreien Supermarkt, der ein umfangreiches Sortiment hat.
Viele Punkte sind hierzulande aber auch nur eine Frage der Improvisation und deshalb leicht abgewandelt durchaus übertragbar!
- Lush verkauft seine Produkte {Feste Haarshampoos und Conditioner!} in Papiertüten, mir wurden sie aber auch schon ohne die Tüte ausgehändigt.
- Auf vielen Märkten bekommt man Seifen ebenfalls ohne Verpackung
- Beim Gemüsehändler um die Ecke oder auf dem Wochenmarkt kannst Du Dein Obst und Gemüse direkt in Deine eigenen Körbe oder Taschen packen
- Dein Eis kannst Du im Sommer direkt in der Waffel ohne Löffel essen
- Wenn Du etwas trinken gehst, verzichte auf Strohhalme und sonstiges Plastikgedöns, das in Deinem Getränk versenkt wird
- Statt Alu- und Plastikfolie oder Tupperboxen gibt es Lunchbags {die kannst Du auch ganz leicht selber nähen!} und Bentoboxen von Ecobox.
- Statt Plastikflaschen eben die Soulbottles oder die Flaschen von Klean Kanteen mit Bambusverschluss.
- Bisher habe ich noch keinen Dienst gefunden, bei dem ich mich von allen postalischen Werbesendungen abmelden kann (den gibt es in den USA). Stattdessen habe ich einen „Keine Werbung einwerfen“-Aufkleber an meinem Briefkasten angebracht und bin proaktiv bei den Werbesendungen, die ich erhälte und sofort wegwerfe {Ja, ich schreibe sogar manchmal Pizzaservices an, weil es mich nervt, dass trotz des Aufklebers deren Flyer in unserem Briefkasten landen – gleiches gilt, aus anderen Gründen, übrigens auch für elektronische Post, wenn Du einen Newsletter sofort löscht, trag Dich einfach aus! Unten findest Du immer einen Link, unter dem das möglich ist}
Inzwischen kann ich meine beiden Fragen, die ich damals nach dem ersten Artikel, den ich über Bea Johnson las, hatte, beantworten:
Ja, so ein Lebensstil ist in Deutschland mit kleinen Einschränkungen möglich.
Dein Leben auf Zero Waste umzustellen braucht Zeit und Engagement, wenn Du aber einmal alle „Einrichtungen“ hast, ist es sehr einfach, beim Zero Waste zu bleiben.
Und ich kann Bea nur zustimmen: Auch mein Leben wird immer reicher und ich freue mich tierisch über alles, was ich unverpackt kaufen kann, was ich ablehnen kann weil ich es nicht brauche. Über das, was ich reduzieren kann und auch über das neue Leben meiner ausgemusterten Dinge
Vor einiger Zeit habe ich z.B. mein Sofa verkauft, 300€ verdient und ihm ein neues Leben bei einem netten jungen Mann gegeben und morgen holen wir ein Regal ab, das wir nicht neu verpackt von IKEA kaufen sondern gebraucht bei einer sympathischen jungen Dame.
Nur Recyclen und Kompostieren, da sind wir noch nicht sonderlich gut. Glücklicherweise wird der Müll hier verbrannt, aber das ist auf Dauer keine Lösung. Bis 2018 möchte ich mindestens 75% aller Plastikverpackungen, Dosen und Gläser aus unserem Haushalt eliminieren. Drück mir die Daumen!
Lesetipps
- Bea stellt auf zerowastehome.com eine Liste von Tipps zur Verfügung hier sind alle Berichte lesenswert, meine Favoriten sind die oben verlinkten Artikel über ihren Kleiderschrank
- Maddie*DariaDaria teilt ihre liebsten Zero Waste Youtube-Channels 4 von ihnen kannte ich auch noch gar nicht
- Lauren Singer* trash is for tossers lebt in NYC einen Zero Waste Lifestyle Und wird immer mehr zur zweiten Gallionsfigur neben Bea Johnson
- Jessie*BUNTERwegs hat eine ganze Artikelreihe zum Thema Zero Waste verfasst – klasse! Jessies Blog ist generell empfehlenswert, sie läuft nämlich von Hamburg nach Kathmandu – alleine!
- Silke*minimalisch schreibt im letzten Teil ihrer Nachhaltigkeits-Reihe über Müllvermeidung Besonders die Punkte 2, 5 und 30!
- Anneliese Bunk – Besser leben ohne Plastik
- Sandra Krautwaschl – Plastikfreie Zone: Wie meine Familie es schafft, fast ohne Kunststoff zu leben ein waschechtes Beispiel aus Graz in Österreich!
Diese beiden Bücher habe ich noch nicht gelesen, sie stehen aber auf meiner Liste für die Bibliothek.
Ist ein Zero Waste Lebensstil für Dich denkbar oder bist Du vielleicht schon auf dem besten Weg dahin? Verrat mir Deine besten Tipps!
Silke meint
Danke für die Verlinkung zu meinen Tipps zur Müllvermeidung und für den Artikel. Jetzt freue ich mich noch mehr auf das Buch. Es wartet schon in Deutschland auf mich. 🙂 <3
Ich hoffe, dass ich es in Zukunft schaffen werde noch weniger Müll zu produzieren. Komplett Zero waste wäre zwar wünschenswert, jedoch wird es einem unterwegs wirklich nicht leicht gemacht. Vielleicht sollte ich mal selbst ein Buch darüber schreiben 😉
Deine Begeisterung über die Soulbottle teile ich übrigens. Ich habe meine vor zwei Jahren auf einer Konferenz gewonnen und bin super glücklich damit.
Liebe Grüße aus Spanien,
Silke